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snowball05
19.11.2005, 17:54 Uhr
Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Hallo! Ich habe heute an einer Ampel, welche ich erst relativ spät sehen konnte, da ein LKW vor mir war stark abgebremst, da sie auf rot umsprang und ich nach einem Blick in den Rückspiegel entschied noch zu bremsen und zwar so, dass mir mein Hintermann nicht auffährt, also keine Vollbremsung. Ich kam etwa 50 cm hinter der Haltelinie zum Stehen.
Mein Hintermann kam auch rechtzeitig zum stehen, ihm aber fuhr jemand hinten rein. Ich habe dann das Fenster aufgemacht und meinen Hintermann gefragt, ob alles in Ordnung sei, der hat nur mit einem "Ja Ja" geantwortet. Dann bin ich weitergefahren, als die Ampel auf grün sprang.
Nun würde ich gern wissen, ob ich irgendeine Schuld an dem Unfall trage? Die Ampel war aber denitiv rot und nicht früher zu sehen, meine Geschwindigkeit mit etwa 30 Km/h recht gering.
Georg_g
19.11.2005, 19:35 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Eine Schuld hast du wohl nicht. Wenn die Ampel bei dir schon rot zeigte, dann hätte das nachfolgende Fahrzeug erst recht halten müssen und derjenige, der noch eins weiter hinten ist, allemal.
Allerdings hättest du nicht einfach weiterfahren dürfen. Unfallflucht kann man nämlich auch als Unschuldiger begehen. Nach der Definition des StGB warst du nämlich ein Unfallbeteiligter und hättest als solcher warten müssen.
snowball05
19.11.2005, 19:54 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Naja, ich habe den Mann hinter mir gefragt, ob alles in Ordnung sei und nach seiner Antwort, dass eben alles in Ordnung sei, dachte ich, dass ich damit meine Pflicht erfüllt hätte. Im Nachhinein gesehen hätte ich schon dableiben sollen, das erscheint mir jetzt logisch, aber in dem Moment habe ich gar nicht daran gedacht...
Lizzard
19.11.2005, 20:12 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Mag zwar sein, dass du dort die Pflicht hattest. Allerdings ist die Rechtslage dort eh klar... Vor einer Ampel gebremst, Hintermann nicht aufgepasst. Demzufolge ist der Auffahrende Schuld.
Lizzard
19.11.2005, 22:18 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
>>>also ich sehe keine unfallbeteiligung. <<<
Ich auch nicht. Der einzigste Sinn wäre, als Zeuge auszusagen, um den Geschädigten zu unterstützen.
Allerdings wäre das in meinen Augen auch unnötig, da die Schuldfrage klar ist.
Ich hätte das Gleiche wie du gemacht.
Georg_g
20.11.2005, 18:33 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
@ sonhol:
»also ich sehe keine unfallbeteiligung.«
Ich schon.
»... er hat ja keinen fehler gemacht ...«
Deswegen habe ich ja eigens darauf hingewiesen, dass die Schuldfrage mit der Wartepflicht nichts zu tun hat. Wenn ich schon 10 Sekunden an einer roten Ampel stehe und mir knallt dann einer hinten drauf, darf ich dann einfach weiterfahren? Ich habe "ja keinen Fehler gemacht".
Wer Unfallbeteiligter ist, ergibt sich aus § 142 Abs. 5 StGB: "Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann."
Unter Juristen gibt es zur Klärung der Kausalität die sog. "conditio sine qua non"-Regel, d.h. man fragt, ob das Ereignis auch dann eingetreten wäre, wenn eine bestimmte Handlung nicht stattgefunden hätte.
Wäre der Unfall auch apssiert, wenn snowball05 nicht gebremst hätte? Nein, denn dann hätte der Hintermann nicht oder zumindest nicht so stark bremsen müssen und der Nachfolgende wäre nicht aufgefahren. Das Bremsen des ersten Fahrzeugs war also ursächlich für das Auffahren des dritten Fahrzeugs. Mit der Schuldfrage hat das wie gesagt gar nichts zu tun.
Georg_g
20.11.2005, 18:59 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Nach strenger und theoretischer Auslegung der Kausalität hätten die o.a. Personen tatsächlich auch warten müssen. Das ist zugegebenermaßen etwas praxisfremd.
»Davon mal abgesehen, kommt bei sowas heute die Polizei überhaupt noch? Also wer will die Daten überhaupt sammeln?«
Die Daten "sammeln" muss doch nicht die Polizei, sondern die Unfallbeteiligten und/oder Geschädigten. Die Polizei ist ja nicht dafür da, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen.
xgoedex
20.11.2005, 20:37 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
»Die Polizei ist ja nicht dafür da, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen. «
Völlig richtig! Das darf die Polizei auch gar nicht.
ABER die Polizei hat auch die Aufgabe den Schutz privater Rechte zu gewährleisten. Also alle Maßnahmen treffen, dass eine Person zu ihrem (Privat-)Recht kommen kann, wenn es ihr selber sonst nicht mögliche wäre (Beispiel: Ein Beteiligter möchte einem Geschädigten gegenüber seine Personalien nicht nennen). Aber eben keine Maßnahmen durchsetzen oder Entscheidungen treffen, die in das Zivilrecht direkt eingreifen.
Ich würde im oben beschriebenen Fall auch keine Unfallbeteiligung mehr sehen. Was will man vorwerfen? Dass bei Rot angehalten wurde? Hätten die dahinter fahrenden die rote Ampel nicht nocht viel besser sehen können?
Und was, wenn nicht der 3. auf den 2. sondern weiter hinten der 5. auf den 6. auffährt? Ist dann der vorne auch noch unfallbeteiligt trotz korrekten Verhaltens im Sinne der Legaldefinition "Unfallbeteiligt ist..." im § 142, Abs. 5 StGB? Ich denke nicht.
xgoedex
20.11.2005, 20:56 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Hier ist ein ähnlich gelagerter Fall mit entsprechenden Urteilen zu finden.
Hier ein Ausschnitt daraus:
»Bei nur mittelbarer Mitverursachung muss - anders als bei direkter Beteiligung - verkehrswidriges Verhalten oder eine über die normale Verkehrsteilnahme hinausgehende Einwirkung hinzukommen (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. 2003, § 142 StGB Rdnr. 29 a.E.; OLG Karlsruhe VRS 74, 432 zum Verlieren von Fahrzeugteilen; OLG Koblenz VRS 74, 435). Nicht notwendig ist ein wirklicher, häufig erst ex post feststellbarer Kausalbeitrag zum Unfall, sondern lediglich eine ex ante gegebene "Verdachtslage", die einen realen Beitrag vermuten lässt (BayObLG NZV 2000, 133). Insoweit müssen objektiv zureichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, den Unfall im vorgenannten Sinn mitverursacht zu haben (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1996, 86, 87 und NZV 1997, 125).«
Georg_g
20.11.2005, 22:07 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
»Ich würde im oben beschriebenen Fall auch keine Unfallbeteiligung mehr sehen. Was will man vorwerfen?«
Jetzt machst du aber genau den gleichen Denkfehler, wie er schon weiter oben gemacht wurde. Von "vorwerfen" kann doch gar keine Rede sein - es geht NICHT um die Schuldfrage.
Nochmal mein Beispiel: Ich stehe seit 10 Sekunden an einer roten Ampel. Plötzlich kommt von hinten einer angerauscht und fährt mir - aus welchen Gründen auch immer - volle Kanne ins stehende Auto. Kann man mir jetzt etwas vorwerfen? Nein. Bin ich irgendwie (mit)schuld an dem Unfall? Nein, natürlich nicht. Habe ich eine Wartepflicht? Ja, die habe ich, d.h. wenn ich jetzt einfach weiterfahre, mache ich mich strafbar, obwohl ich eindeutig keine Schuld am Unfall hatte. Der Unterschied zum Ausgangsfall ist nur, das hier das Fahrzeug des Fragestellers nicht berührt wurde und er somit kein Geschädigter ist.
Die Wartepflicht dient nicht der Klärung der Schuldfrage, sondern soll das Festhalten der Daten aller Beteiligten und die nachträgliche Rekonstruktion des Unfalls ermöglichen (wobei ein bloßer Zeuge, der nicht Unfallbeteiligter ist, natürlich keine Wartepflicht hat).
xgoedex
20.11.2005, 22:31 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
Dein Beispiel steht außer Frage. Natürlich ist der Unfallgeschädigte, dem einer Aufgefahren ist, ein Unfallbeteiligter, auch wenn ihn kein Verschulden trifft.
Dennoch bin ich der Meinung, dass im o.g. Fall keine Unfallbeteiligung zu sehen ist.
Mir ist schon klar, dass der bloße Verdacht, es könnte jemand durch sein Verhalten nach den Umständen zum Unfall beigetragen haben, ihn zum Unfallbeteiligten macht.
Aber wenn man das so weiträumig auslegt, dann wäre, wie Heuschrecke sagt, der Fußgänger, der an der Bedarfsampel dafür sorgt, dass die Ampel überhaupt rot wurde, ebenfalls Unfallbeteiligter (gemäß Definition).
Ich sehe das so, dass Snowball05 lediglich durch sein "normales" Verhalten bei seiner (oder ihrer ?) Teilnahme am Straßenverkehr den Anlass zu der dann zum Unfall führenden Bremsung nachfolgender Fahrzeuge gegeben hat und dadurch nur Ursache für den Fahrfehler anderer gewesen ist. Somit "Nicht-Beteiligter" (siehe in meinem vorigen Beitrag aufgeführten Link zur Problematik "mittelbare Ursache").
Man mag dabei durchaus anderer Meinung sein. Sicherlich gibt es dazu auch unterschiedliche Urteile, je nach Würdigung einzelner Fälle. Die Grenzen zw. Beteiligung und Nichtbeteiligung dürften auch bei solchen Fällen fließend sein.
Georg_g
20.11.2005, 23:01 Uhr
zu: Stark gebremst bei roter Ampel - hinter mir Auffahrunfall
@ xgoedex:
Ja, mit den oben erwähnten Quellen zur Definition eines Unfallbeteiligten kann ich mich schon eher anfreunden und ich sehe ja durchaus auch die Problematik (siehe die Beispiele von Heuschrecke), wenn man nur die Kausalität als Kriterium heranzieht. Obwohl solche Überlegungen für den Otto-Normalfahrer im Alltag kaum zu bewerkstelligen sind.
Für ähnlich gelagerte Fälle wie jenen von snowball05 kann man dann sicherheitshalber nur empfehlen, einfach mal seine Personalien den anderen zu überlassen. Dann kommt der Vorwurf der Unfallflucht keinesfalls in Frage, und wenn sich (nachträglich) herausstellen sollte, dass man kein Unfallbeteiligter im rechtlichen Sinne war, ist man eben "nur" noch Zeuge.
Amtliche Prüfungsfrage Nr. 1.4.41-129 / 3 Fehlerpunkte
Welche Fahrzeuge dürfen Sie bei diesem Verkehrszeichen überholen?
Motorrad mit Beiwagen
Motorrad ohne Beiwagen
Pkw
Amtliche Prüfungsfrage Nr. 1.3.01-101-B / 3 Fehlerpunkte
Wer muss warten?
Ich muss warten
Der Pkw, der aus dem Feldweg kommt
Amtliche Prüfungsfrage Nr. 1.4.41-007 / 3 Fehlerpunkte
Wie müssen Sie sich bei diesem Verkehrszeichen verhalten?
Sie müssen an Verkehrsinseln rechts vorbeifahren
Sie sind verpflichtet, nach rechts abzubiegen
Sie dürfen vor diesem Zeichen nicht nach links abbiegen
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