Ende der Baustelle?
»Es stehen noch Baustellenschilder herum, aber es gibt keine Baustelle
mehr. Muss trotzdem 30 gefahren werden?«
Die Vorschrift gilt. Man muss dort Tempo 30 fahren.
Manchmal scheint es nur ein Ärgernis zu sein, dass das Schild nicht weggeräumt
wurde. Möglich ist aber auch, dass dort noch Reste der Baustellentätigkeit
zu finden sind (z.B. Fräskanten oder Löcher im Asphalt, offene Grundierung, noch nicht ausgekühlte
Fahrbahndecken, Rollsplitt, Schmutz) und deshalb der orangefarbene Pilon aufgestellt
wurde. Damit der Verkehr beim Vorbeifahren nicht sich selbst gefährdet, gilt hier
Tempo 30.
Aber wie lange? Dazu steht in der Anlage 2 zu § 41 StVO (unter Nr. 55), dass ein Streckenverbot
- also hier die 30 km/h Höchstgeschwindigkeit - aufgehoben ist, wenn es zusammen
mit einem Gefahrzeichen aufgestellt wurde und wenn man zweifelsfrei erkennen kann,
ab wo die gezeigte Gefahr nicht mehr besteht. Was bedeutet das konkret? Reduzieren Sie
Ihr Tempo, und beobachten Sie, ab wo die Gefahrstelle offensichtlich endet. Danach
dürfen Sie das vorher erlaubte Tempo wieder aufnehmen.
Übrigens dürfen Verkehrsteilnehmer nicht nach eigenem Gutdünken über die Gültigkeit von Verkehrszeichen entscheiden — jeder würde ein anderes Maß anlegen! Unser Forum zeigt regelmäßig, mit welchen abenteuerlichen Argumenten eine Verkehrsregelung als unsinnig oder rechtswidrig, ja selbst verfassungswidrig bezeichnet wird ("ich kann hier gar nicht vorschriftsmäßig fahren, weil ich dadurch den übrigen Verkehr gefährde und damit eine vorsätzliche Nötigung begehe" — der Richter lacht sich tot). Wer für sich entscheidet, dass ein Verkehrszeichen aus irgendwelchen Gründen "nicht gilt" und es deshalb missachtet, wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit eine bußgeldtechnische Bauchlandung hinlegen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat schon vor vielen Jahren festgestellt, dass man auch widerrechtlich aufgestellte Verkehrszeichen befolgen muss. Verkehrszeichen sind so genannte Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen. Und Verwaltungsakte sind eben nicht automatisch nichtig, nur weil sie widerrechtlich sind!
Wie bitte? Nicht nichtig???
Es handelt es sich dabei um eine lustige Wortkomposition des Verwaltungsrechts. Sie soll bedeuten: Verkehrszeichen sind grundsätzlich für alle Verkehrsteilnehmer, an die sie sich richten, bindend. Sie verlieren ihre rechtliche Wirkung nicht einfach so, nur weil sie unsinnig erscheinen. Ein Verwaltungsakt darf nur in eng definierten Ausnahmefällen ignoriert werden, nämlich wenn man ihn gar nicht befolgen kann (zum Beispiel: Höchstgeschwindigkeit 30 und Mindestgeschwindigkeit 50 zusammen an einem Mast), wenn man durch seine Beachtung eine rechtswidrige Tat begehen würde, oder wenn er an einem besonders schwerwiegenden(!) und obendrein noch offensichtlichen Rechtsfehler leidet. Das ist aber höchst selten der Fall, denn für einen "besonders schwerwiegenden Rechtsfehler" reicht es eben nicht aus, dass ein Verkehrszeichen scheinbar ohne Grund aufgestellt worden ist oder versehentlich nicht entfernt wurde. Näheres regelt § 44 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz). Da kann ein Richter noch so viel Verständnis haben, aber verwaltungsrechtlich sind ihm die Hände gebunden.
Kaum zu glauben , aber wahr:
Selbst rechtswidrige Verkehrszeichen sind zu befolgen! |
Aber kann das denn heißen, dass man zum Verkehrshindernis wird, wenn man an einer solchen Stelle als Einziger die Beschilderung beachtet?
Nicht ganz. Denn ein Verkehrshindernis ist ja nur derjenige, der keinen triftigen Grund hat ;-)
Amtliche Prüfungsfrage Nr. 1.4.40-117 / 3 Fehlerpunkte
Was erwartet Sie bei diesen Verkehrszeichen?
Eine Baustelle, die nach 100 m endet
Eine Baustelle, die in etwa 100 m Entfernung beginnt
Eine Baustelle, die eine Länge von 100 m hat
Amtliche Prüfungsfrage Nr. 1.1.03-001 / 3 Fehlerpunkte
Wo müssen Sie besonders mit starker Fahrbahnverschmutzung und Rutschgefahr rechnen?
An Baustellen
An Einmündungen von Feldwegen
An innerstädtischen Kreuzungen
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